Im Jahr 2024 hat der Bundesgerichtshof (BGH) mehrere richtungsweisende Urteile zum Wohnungseigentumsgesetz (WEG) gefällt. Diese Entscheidungen konkretisieren die Anwendung der Reform des WEG von 2020 und schaffen Klarheit in wichtigen praktischen Fragen. Zwei zentrale Themen sind dabei die Kostenverteilung und die Zulässigkeit baulicher Veränderungen.
1. Neue Regelungen zur Kostenverteilung (§ 16 Abs. 2 WEG)
Nach der Reform des WEG ermöglicht § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG es der Eigentümergemeinschaft, die Kosten bestimmter Maßnahmen gezielt einzelnen Eigentümern aufzuerlegen, sofern diese allein von der Maßnahme profitieren.
Beispiel:
In einem Fall (Az. V ZR 81/23) wurde entschieden, dass die Kosten für den Austausch von Fenstern in einer Dachgeschosswohnung ausschließlich vom Eigentümer dieser Wohnung getragen werden müssen, da nur er davon profitiert. Dies gilt auch dann, wenn Fenster normalerweise Gemeinschaftseigentum sind. Ein ähnlicher Fall betraf Reparaturen an einer Tiefgarage, die nur eine Teilgruppe von Eigentümern nutzte.
Tabelle: Vergleich der bisherigen und neuen Regelung zur Kostenverteilung
Aspekt | Bis 2020 | Ab 2020 |
---|---|---|
Kostenverteilung | Gleichmäßige Verteilung nach MEA | Differenzierte Verteilung nach Nutzen |
Gestaltungsspielraum | Stark eingeschränkt | Größerer Spielraum für Gemeinschaft |
Praxisbeispiele | Alle zahlen für Dachfenster | Nur der Nutzer zahlt für Dachfenster |
2. Bauliche Veränderungen zur Barrierefreiheit (§ 20 WEG)
Ein weiteres Urteil (Az. V ZR 244/22) befasste sich mit der Zulässigkeit baulicher Veränderungen des Gemeinschaftseigentums, z. B. zur Förderung der Barrierefreiheit. Der BGH stellte klar, dass Maßnahmen wie der Anbau einer Rampe oder eines Aufzugs nicht als grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage anzusehen sind, wenn sie einem gesamtgesellschaftlich anerkannten Zweck dienen (z. B. Barrierefreiheit). Solche Veränderungen können daher mit einfacher Mehrheit beschlossen werden.
Praktische Auswirkungen für Wohnungseigentümer
- Kostenverteilung: Eigentümer sollten bei Maßnahmen prüfen, ob sie direkt oder allein von diesen profitieren. Eine Anfechtung solcher Beschlüsse wird künftig schwieriger.
- Bauliche Veränderungen: Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit werden erleichtert. Dies schafft neue Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen, wenn Einzelne die Maßnahme ablehnen.
Fazit:
Die neuen Urteile schaffen mehr Flexibilität und Praxisnähe im Wohnungseigentumsrecht, stellen aber auch erhöhte Anforderungen an die Eigentümergemeinschaft, ausgewogene Entscheidungen zu treffen. Für Eigentümer empfiehlt es sich, bei komplexen Maßnahmen eine versierte Verwaltung oder eine sonstige Rechtsberatung hinzuzuziehen, um Konflikte zu vermeiden. Wir helfen gern.